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Wie sich aus der Analyse stabiler Isotope im Boden neue Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels ergeben: Interview mit Prof. Liz Baggs

Bodenprofil
10 min.

Die Analyse und die Quantifizierung der Prozesse, die sich in unseren Böden abspielen, liefern wertvolle Erkenntnisse und neue Strategien für den Kampf gegen sowie die Anpassung an den Klimawandel. Mithilfe der Analyse stabiler Isotope können selbst kleinste Unterschiede in den mikrobiologischen Prozessen im Bodenbereich um Pflanzen (der sogenannten Rhizosphäre) ermittelt werden. Die Unterschiede zwischen den Pflanzengenotypen könnten Aufschluss darüber geben, welche Genotypen die Kohlenstoffakkumulation im Boden verbessern und die Stickstoffverfügbarkeit regulieren, um so eine nachhaltige Produktion zu ermöglichen. 

Die Prozesse im Boden verstehen

Das Forschungsprojekt unter der Leitung von Prof. Liz Baggs, Professorin für Lebensmittel- und Umweltsicherheit an der Universität Edinburgh, liefert potenzielle Antworten auf globale Herausforderungen, insbesondere zur Reduzierung von Stickstoffemissionen sowie zur Verbesserung der Kohlenstoffbindung im Boden. Im Gespräch mit Elementar erläutert sie, dass es bei ihrer Forschungsarbeit darum geht, „wie Kohlenstoff aus Pflanzen die mikrobiellen Prozesse im Boden fördert und welchen Einfluss das darauf hat, ob eingetragener Kohlenstoff im Boden gespeichert oder wieder abgegeben wird.“ 

Der Begriff Kohlenstoffbindung im Boden bezieht sich auf Kohlenstoff, der im Boden gespeichert und stabilisiert wird, anstatt freigesetzt zu werden. Dabei ist es wichtig, dass sich Kohlenstoff in stabiler Form im Boden akkumuliert, da er so weniger anfällig gegenüber Mikroben ist und Kohlenstoffumsätze und -verluste minimiert werden. Die Forschung von Prof. Baggs zielt darauf ab, die zugrunde liegenden Prozesse zu verstehen und neue Ansätze zu entwickeln, um die Kohlenstoff- und Stickstoffverluste weiter zu reduzieren. 

Die Analyse stabiler Isotope nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein, einerseits zur Nachverfolgung der Kohlenstoff- und Stickstoffmobilität innerhalb der Rhizosphäre sowie andererseits zur Abgrenzung der im Boden ablaufenden Prozesse. In Zusammenarbeit mit Dr. Eric Paterson und Dr. Maddy Giles vom James Hutton Institute verwendet Prof. Baggs stabile Isotope, um die Kohlenstoffmobilität nachzuverfolgen und das Potenzial zur Kohlenstoffbindung zu messen. Zudem wird untersucht, welche Rolle vorhandener Stickstoff und Stickstoffverluste dabei spielen. 

„Wir verwenden einen Ansatz, der von Dr. Paterson entwickelt wurde. Dabei werden Pflanzen in einer Umgebung angebaut, die mit 13C-CO2 angereichert oder abgereichert ist“, erläutert Prof. Baggs. „Die Pflanzen setzen bei der Photosynthese CO2 um und die veränderte δ13C-Signatur gelangt über die Pflanze in die Rhizosphäre. Auf diese Weise können wir nachvollziehen, wie viel Kohlenstoff aufgenommen und wie viel mineralisch gebunden wurde. Daraus lässt sich dann wiederum die potenzielle Nettoakkumulation berechnen. Anhand der Isotopensignatur des verbrauchten Kohlenstoffs können wir feststellen, ob dieser aus der Pflanze oder aus der Bodensubstanz stammt. Diese Erkenntnisse verknüpfen wir anschließend mit der bildgebenden Lokalisierung des pflanzlichen 13C im Boden und analysieren den Zusammenhang beispielsweise mit solchen Stickstoffprozessen, die zur Emission des Treibhausgases Stickstoffoxid führen.“

Durch die Untersuchung des Einflusses von pflanzlichem Kohlenstoff auf die Prozesse im Boden sind wir unter Umständen in der Lage, den Pflanzenanbau nachhaltiger zu machen, diesen gezielt an den Klimawandel anzupassen sowie einen Beitrag zu dessen Bekämpfung zu leisten. „Wir verstehen Pflanzen als ein Instrument, mit dem wir in diese Prozesse eingreifen können“, erklärt Prof. Baggs.

Wenn wir die Erkenntnisse zu verschiedenen Genotypen und deren Fähigkeit zur Gewinnung von Nährstoffen aus dem organischen Bodenmaterial bereits in Pflanzenzüchtungsprogramme einfließen lassen, können wir auf diese Weise die Erträge in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Subsahara-Afrika ggf. deutlich verbessern. Die Auswirkungen dieser Mikromechanismen unter realen Bedingungen liegen im Fokus meines Forschungsinteresses.

Foto von Prof. Liz Baggs
Prof. Liz Baggs

Anwendungen in der Landwirtschaft

Prof. Baggs setzt bei ihrer Forschung auf stabile Isotope, um die mikrobiellen Prozesse zu untersuchen, die sich im Boden um bestimmte Kulturpflanzen herum abspielen. Diese Prozesse können in der globalen Landwirtschaft ggf. einen erheblichen Einfluss auf Strategien zur Bekämpfung des Klimawandels haben. „Wir können einen mit 15N angereicherten Dünger in den Boden einbringen, z. B. Ammoniumnitrat“, erläutert Prof. Baggs. „Anschließend können wir anhand der δ15N-Signatur des abgegebenen N2O ermitteln, welche mikrobiellen Prozesse im Boden stattfinden.“

Diese Forschungserkenntnisse könnten einen wesentlichen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leisten. Ein Großteil der bisherigen Forschung zur Senkung der Emissionen aus landwirtschaftlichen Böden konzentriert sich auf die Optimierung der eingebrachten Stickstoffmenge, da überschüssige Mengen an anorganischem Stickstoff zu einem Anstieg der Emissionen führen. Die Erkenntnisse der Forschungsgruppe von Prof. Baggs eröffnen jedoch eine alternative Strategie.

Die Produktion von Stickoxid im Boden lässt sich auf die Aktivitäten unterschiedlicher Mikrobengruppen zurückführen, die jeweils von unterschiedlichen Faktoren vorangetrieben werden. Bei einem dieser Prozesse, der Denitrifikation, wird nicht nur N2O gebildet, sondern dieses auch zu N2 reduziert. Erkenntnisse zu vorherrschenden Prozessen in der Rhizosphäre einer Pflanze können somit dazu beitragen, Strategien zur Minimierung von N2O-Emissionen zu entwickeln – entweder durch eine Senkung der N2O-Emissionen oder durch eine verbesserte N2O-Reduktion zu N2. Das Team von Prof. Baggs hat einen Ansatz entwickelt, der nicht auf der Vermeidung von mikrobiellen Prozessen beruht, sondern sich diese zu Nutze macht.

„Bei der Denitrifikation ist das Endprodukt molekularer Stickstoff (N2), und nicht Stickoxid“, so Prof. Baggs. „Anstatt diesen Prozess zu stoppen, wollen wir die Umwandlung in molekularen Stickstoff fördern, da dieser ökologisch unbedenklich ist. Die Leistung des letzten Reduktionsschritts bei der Denitrifikation wird häufig durch Kohlenstoff begrenzt. Aus diesem Grund untersuchen wir, wie pflanzlicher Kohlenstoff die Reduktionsreaktion zu N2 fördern kann. Bei anderen Prozessen ist jedoch Stickoxid das Endprodukt. Überall dort, wo diese Prozesse dominieren, fallen die Netto-Emissionen von N2O ggf. höher aus. Durch die genaue Nachverfolgung dieser Prozesse sind wir in der Lage, unterschiedliche Ansätze zur Vermeidung von Stickoxiden zu entwickeln.“

In Zusammenarbeit mit Dr. Paterson und den Forscherinnen und Forschern am internationalen Forschungsinstitut CIMMYT (International Maize and Wheat Improvement Center) wird der Einfluss von Maisgenotypen auf den Kohlenstoff- und Stickstoffgehalt im Boden untersucht und auf dieser Grundlage passende Genotypen für Anbauversuche in Afrika südlich der Sahara ausgewählt. Der Einfluss der Pflanzen auf die Freisetzung von Stickstoff aus der organischen Bodensubstanz kann dazu beitragen, die Abhängigkeit von anorganischen Düngemitteln zu reduzieren, sofern Nährstoffe beispielsweise über die Ausbringung von Ernterückständen zugeführt werden. Prof. Baggs bezeichnet diesen Prozess als „Kreislaufwirtschaft für Nährstoffe“. Durch die geringere Abhängigkeit von anorganischen Düngemitteln lässt sich die Produktion voraussichtlich nachhaltiger gestalten, was angesichts des Klimawandels besonders wichtig ist. 

Maximale Wirkung

Die Entwicklung neuer Prozesse und Ansätze ist immer mit einem gewissen Maß an Unsicherheit verbunden. Diese Eigenschaft von Innovation hat Prof. Baggs dazu inspiriert, in ihrem Forschungsbereich den Ansatz der Analyse stabiler Isotope zu etablieren, um die mikrobiellen Prozesse im Zusammenhang mit Stickoxiden zu untersuchen und auf diese Weise die Wechselwirkungen zwischen dem Kohlenstoff- und dem Stickstoffkreislauf besser zu verstehen.

Eine weitere zentrale Motivation für die Forschung von Prof. Baggs ist der immense Umfang möglicher Anwendungsbereiche. „Wenn wir die Erkenntnisse zu verschiedenen Genotypen und deren Fähigkeit zur Gewinnung von Nährstoffen aus dem organischen Bodenmaterial bereits in Pflanzenzüchtungsprogramme einfließen lassen, können wir auf diese Weise die Erträge in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft in Subsahara-Afrika ggf. deutlich verbessern. Die Auswirkungen dieser Mikromechanismen unter realen Bedingungen liegen im Fokus meines Forschungsinteresses.“

Über Prof. Baggs

Prof. Liz Baggs ist als Forschungsdekanin am College of Medicine and Veterinary Medicine sowie als Professorin für Lebensmittel- und Umweltsicherheit an der Universität Edinburgh tätig. Als Biogeochemikerin verfügt sie über umfassende Expertise in den Bereichen Bodengesundheit, landwirtschaftliche Systeme, Lebensmittelsicherheit, Wechselwirkungen zwischen Pflanzen und Böden sowie Klimawandel. Prof. Baggs war in der Vergangenheit und ist bis heute in verschiedenen strategischen Führungs- und Beratungsfunktionen in den Bereichen Hochschulbildung und -forschung aktiv, unter anderem bei britischen und internationalen Forschungsorganisationen und Fördermittelgebern. Sie ist außerdem als Beauftragte der Commonwealth Scholarship Commission tätig und hatte in der Vergangenheit den Vorsitz der British Society of Soil Science inne.

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